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LVZ: RB entscheidet Abnutzungskampf11.05.2012
Rasenballer gewinnen 2:0 bei wehrhaftem FC Sachsen und stehen im Pokal-Viertelfinale

Leipzig. Es kam, wie es eingedenk der so unterschiedlich bestückten Mannschaften kommen musste: Der mit viel Geld und Liebe aufgepumpte Regionalligist RB Leipzig ließ sich beim klammen Oberligisten Sachsen Leipzig nicht die Butter vom Brot nehmen, zog durch ein 2:0 (1:0) im Alfred-Kunze-Sportpark ins sächsische Pokal-Viertelfinale beim VfB Auerbach. 3353 Zuschauer sahen einen Abnutzungskampf, der sich fast immer im Mittelfeld abspielte und entsprechend zäh war.
D e r Aufreger wurde kurz vor Ultimo beim Stand von 1:0 für RB geliefert: Norman Lee Gandaa, just eingewechselt, setzte seinen bulligen Body ein, tauchte frei vor RB-Keeper Sven Neuhaus auf, scheiterte. Im Gegenzug setzte Daniel Frahn an der Außenlinie zum Slalom an, traf aus unmöglichem Winkel zum 2:0. Das 1:0 hatte Lars Müller per Foulelfmeter erzielt (32.).
Prädikat wertvoll: Vor, während und nach dem mit Hochspannung erwarteten Duell der Systeme blieb es ruhig, hatten die Ordnungshüter alles im Griff.
Und als kurz vor Schluss Böller aus dem Sachsen-Block aufs Feld flogen, schritt Stadionsprecher Axel Felsmann gewissermaßen zur Selbstjustiz. "Habt ihr sie nicht alle?", schrie der Radio-Moderator, "ihr gefährdet die Existenz unseres Vereins. Wir haben alles, nur kein Geld." Ob sich das gestrenge Sportgericht mit Blick auf einen Leutzscher Kontoauszug erweichen und Gnade vor Recht ergehen lässt, wird sich zeigen.
Wie wichtig der Pokal für die Rasenballer geworden ist, zeigte sich in der 10. Minute. In der holte RB-Cheftrainer Tomas Oral den zu Beginn fehlerhaften Thomas Kläsener vom Platz, brachte Daniel Rosin. Laut offizieller Erklärung hatte Kläsener eine Knieverletzung. Ob der Abwehrspieler davon auch wusste? Oral sprach beiden Mannschaften ein Riesenkompliment aus, hatte einem "ansehnlichen Spiel" beigewohnt. "Das war das erwartete Kampfspiel, ein typisches Derby. Alleine die Nummer 15 der Sachsen hat gefühlte 80-mal Foul gespielt."
Die Nummer 15 trug Jung-Papa Enrico Köckeritz, der tatsächlich mit eisernem Besen kehrte und das Feld mit hochrotem Kopf der Erregung verließ. FCS-Coach Dirk Heyne attestierte seinem Team eine "gute Partie", sah seine taktischen Vorgaben umgesetzt. "Aber wir sind ausgeschieden, und das ist schade."
In der 32. Minute bog das Spiel auf die vorbestimmte Straße ab. RB-Techniker Rockenbach da Silva kam mit Mario Scholze ins Gehege, fiel, bekam einen Elfmeter. Die grün-weiß Fraktion schwor Stein auf Bein, dass da nix war, "Rocke" wiederum spürte eine ganz deutliche Feindberührung. Müller verwandelte mit links ins linke Eck.
Der FC Sachsen hielt die Partie überraschend offen, stand hinten gut, verengte im Mittelfeld die Räume, war aber nach vorne trotz aller Bemühungen nahezu wirkungslos. Doch auch RB kam im Offensivspiel selten zu Potte, ließ die beiden Spitzen Carsten Kammlott und Daniel Frahn in der Luft hängen.
Der Notizzettel mit Chancen blieb nahezu leer, die Leutzscher drückten zwar, hatten aber nur eine wirkliche Chance. Die vergab Lee Gandaa.

FC Sachsen Leipzig: Weiß - Felke, Werner, Köckeritz, Kuckelt - Kittler, Shubitidze, Scholze (86. Nolde), Schößler - Heinze, Seitz (62. Lee Gandaa).
RB Leipzig: Neuhaus - Albert, Sebastian, Franke, Müller - Kläsener (11. Rosin), Laas - Kammlott (77. Kutschke), Geißler (67. Schinke) - Rockenbach, Frahn.
Schiedsrichter: Herde (Dresden). Zuschauer: 3553. Tore: 0:1 Müller (32./Foulelfmeter), 0:2 Frahn (90.+3).

Glücksgefühle, Frust und Böller

Leipzig. Der Tag begann für Enrico Köckeritz nach nur drei Stunden Schlaf mit Glücksgefühlen. Der 25-Jährige erlebte um 8.14 Uhr die Geburt von Töchterchen Emma ­- 49 Zentimeter, 3410 Gramm, kerngesund - im Kreißsaal mit. Abends stand der FCS-Verteidiger dann auf dem Platz und war stinksauer. Über die Niederlage gegen RB, vor allem über das 0:1, den Elfmeter nach einem Faller von Thiago Rockenbach.
"Traurig, dass ein Spieler, der mehr verdient als unsere ganze Mannschaft, es nötig hat, sich einfach hinzuschmeißen", giftete Köckeritz, "traurig, dass ein Spiel, in dem wir auf Augenhöhe waren, uns in die Zweikämpfe gekniet und wenig zugelassen haben, so entschieden wird." Kapitän Kevin Kittler pflichtete bei: "Das war ein Geschenk an RB." Köckeritz ärgerte sich aber auch über sich selbst: "Meine Kopfballchance gleich am Anfang muss rein, das war eine hundertprozentige, da wäre das ganze Spiel anders gelaufen."
Richtige Pokal-Atmosphäre kam gestern im Kunze-Sportpark nur selten auf. Die rund 300 RB-Anhänger unter den 3553 Zuschauern waren streckenweise lauter als die Leutzscher Fans, denen offenbar der Glaube an einen Sieg über den Regionalliga-Krösus fehlte. Dabei hatten sie auf Transparenten die große Chemie-Vereinsgeschichte beschworen. "Die Legende lebt", hieß es da, "Bündnis 64" oder "Tradition schlägt jeden Trend".
Die befürchteten Anfeindungen gegen die Truppe aus dem Brause-Imperium blieben bis auf - für Derbys nicht ungewöhnliche - "Red-Bull-Schweine"-Sprechchöre aus. Plakate wie "Chemie gibt's nicht in Dosen" oder "Wir sind Fans, ihr seid Konsumenten" bewiesen sogar Humor und feine Ironie.
Vielleicht lag's an der sportlichen Magerkost und den nur wenigen Höhepunkten auf dem Rasen, dass das altehrwürdige Stadion nicht zum erwarteten Hexenkessel wurde. Selbst der umstrittene Strafstoß brachte die Gemüter nur kurzzeitig in Wallung. Und als der FC Sachsen nach der Pause einige Male gefährlich in den RB-Strafraum drängte, hätte die um den Ausgleich kämpfende Mannschaft mehr Unterstützung und Begeisterung von den Rängen verdient gehabt. Schließlich entlud sich der Frust der Fans an den mitunter seltsamen Entscheidungen von Schiri Stefan Herde aus Dresden - und in einigen Böllern, die in der Schlussphase aus dem FCS-Block aufs Feld geworfen wurden.
"Die Nummer eins der Stadt sind wir", sangen beide Fan-Gruppen. Für die Leutzscher wird das wohl noch lange nur ein Traum sein, ebenso wie die Wiederholung des Sachsenpokal-Gewinns von 2005, der im Programmheft viel Platz fand.
FCS-Chef Uwe Seemann war trotz des Ausscheidens nicht unzufrieden: "Bis auf die Knaller hat mir das Spiel gefallen, die Mannschaft hat eine gute Leistung gezeigt." Und dass einige tausend Euro Einnahmen die leere Kasse auffüllen, freute sowohl den Vorstand als auch Insolvenzverwalter Heiko Kratz. Köckeritz aber dachte nach verrauchtem Ärger wieder an die kleine Emma: "Es gibt wichtigere Dinge im Leben als Fußball."

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