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LVZ: Tränen und aufgeheizter Abschied31.05.2012
FC Sachsen gewinnt letztes Oberliga-Heimspiel 2:0 gegen Bautzen / Fans bedrängen den Vorstand

Leipzig. Welch eine Tragik: Der FC Sachsen gewinnt mit 2:0 (2:0) gegen Budissa Bautzen sein letztes Heimspiel im Alfred-Kunze-Sportpark, bliebe damit in der Oberliga - muss dennoch den Gang in die Niederungen des Fußballs antreten. Per 30. Juni wird laut Insolvenzverwalter Heiko Kratz der Verein aufgelöst. Die Kosten des Spielbetriebes in der traditionsreichen Leipziger Sportstätte waren nicht mehr zu stemmen.
Noch anderthalb Stunden nach Abpfiff konnten die Bautzener gestern ihren Bus nicht erreichen, die Sicherheitskräfte hatten alle Hände voll zu tun, um aufgebrachte Sachsen-Fans auf dem Rasen zu bändigen. Zu aufgewühlt war unter den etwa 2600 Zuschauern noch zu dieser Zeit die Atmosphäre, harrten viele aus, um vielleicht doch ein positives Signal vom Vorstand oder vom Insolvenzverwalter zu hören.
Doch als sich Kratz und Vorstand Matthias Weiß per Mikrofon den Massen stellten, wurden sie ausgebuht und niedergeschrien. Ihnen schoben die aufgeregten Fans die Schuld zu, weshalb der FC Sachsen seine Existenz aufgeben muss. Einer Gruppe war es sogar gelungen, ins Hauptgebäude einzudringen. Nur wenige Zentimeter entfernt, brüllten mehrere Sachsen-Anhänger dem Insolvenzverwalter ihren Zorn und Vorwürfe ins Gesicht. Doch letztlich siegte die Vernunft, konnten auch die Sicherheitskräfte alles wieder in geordnete Bahnen lenken.
"Da reißt man sich zwei Jahre lang den Hintern auf und dann das", musste ein sichtlich mitgenommener Insolvenzverwalter enttäuscht feststellen, dass seine - längst bekannten - Argumente in dieser emotional aufgeheizten Stimmung kaum Gehör fanden.
Er hatte nochmals auf das Loch in der Kasse verwiesen, entstanden durch fehlende Mitgliedsbeiträge und Sponsorenleistungen sowie ausufernde Betriebskosten. "Es wäre unverantwortlich, so den Spielbetrieb fortzusetzen", erklärte Kratz - und erntete dafür Schmährufe. Und Matthias Weiß, der einst selbst in einer der legendären Leutzscher Mannschaften auflief, musste eingestehen: "Es ging einfach nicht weiter, so bitter das für alle ist."
Viele Tränen wurden an diesem historischen Nachmittag vergossen, obwohl es sportlich viel Anlass zum Jubeln gab. Denn die Sachsen-Kicker holten mit dem letzten Heimsieg die fehlenden Punkte für den Klassenerhalt bei noch einer ausstehenden Partie (in Halberstadt) gegen eine Bautzener Elf, die an diesem Tag nichts gegen die wie entfesselt aufspielenden Leutzscher auszurichten vermochte. Zwei herrliche Tore von Fabian Schößler (5., 11.), ein vergebener Strafstoß von Norman Lee Gandaa und einige Hundertprozentige gehen in die Annalen ein.
Die Mannschaft passte sich der Stimmung an, lief mit Trauerflor auf. In der Kabine hatte sie Manfred Graul, ebenfalls ein Leutzscher Urgestein, auf den Klassenerhalt eingeschworen. "Keiner hat sich hängen lassen. Es ist verdammt schade, dass hier Schluss ist", sagte Kevin Kittler und ärgerte sich mit den Fans. Die hatten gleich nach Abpfiff "ihre" Mannschaft in Beschlag genommen. "Es wird schon weitergehen", blieb Sebastian Kremski (29/Markranstädt) optimistisch. "Aber nur, wenn auch alle zusammenhalten, die hier Fußball sehen wollen", betonte Sebastian Dippmann (44), seit 32 Jahren Dauergast.
Da passen Zündeleien und Böller (zweimal gab es Spielunterbrechung)nicht ins Bild eines Neuanfangs, der hier eventuell mit der BSG Chemie - einer einst abgespaltenen Fan-Formation - gelingen soll. Was mit der "Ersten" geschieht, steht noch in den Sternen. Darüber müssen die Spieler selbst entscheiden. Fakt ist: Der FC Sachsen wird bald Geschichte sein. Aber der Ball soll auf Leutzscher Rasen weiterrollen.
FC Sachsen Leipzig: Richter - Felke, Werner, Köckeritz, Kuckelt - Scholze, Shubitidze, Schößler, Ledwoch - Heinze, von der Weth (67. Lee Gandaa).

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